Das Trennungsjahr vor der Scheidung
Das Trennungsjahr vor einer Scheidung ist nahezu immer erforderlich, um die wichtigste Voraussetzung für eine Scheidung der Ehe herbeizuführen, nämlich die „Zerrüttung der Ehe“ zu belegen.
Nachdem das Schuldprinzip (Ehebruch, böswilliges Verlassen, seelische Grausamkeit und Ähnliches) rechtlich keine Rolle mehr spielt, gilt eine Ehe dann als gescheitert, wenn für das Gericht feststeht, daß die Lebensgemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und auch nicht mehr erwartet werden kann, daß sie wieder hergestellt wird.
Trennung bedeutet hier, daß eine tatsächliche Trennung von Tisch und Bett erfolgt. Dies kann im Einzelfall auch im gemeinsamen Haus oder der gemeinsamen Wohnung realisiert werden. Dann ist es aber erforderlich, daß die Zimmer mit Ausnahme von Küche und Bad streng aufgeteilt werden und keinerlei wechselseitige Versorgungsleistungen mehr erbracht werden. Es darf dann für den anderen Partner weder Wäsche gewaschen, noch gespült, aufgeräumt, gebügelt, gekocht, das Auto gewaschen, das Auto zu Werkstatt gefahren oder eine sonstige „Dienstleistung“ erbracht werden. Das Leben muß auch dann so gestaltet werden, als wäre einer der Partner ausgezogen.
Üblicherweise zieht jedoch ein Partner aus der gemeinsamen Wohnung aus.
Erforderlich ist, daß diese Trennung dann mindestens ein Jahr andauert. Dieses Jahr soll den Parteien Gelegenheit geben, ihre Trennungsentscheidung gegebenenfalls zu überdenken. Eine übereilte Scheidung, vielleicht nach einem heftigen Streit, soll dadurch vermieden werden. Auch schaden Versöhnungsversuche, wie beispielsweise ein gemeinsames Wochenende, dem Trennungsjahr nicht.
Auch kann natürlich während des Trennungsjahres einiges hinsichtlich der Scheidungsfolgen bereits geregelt werden. Dies sollte erfahrungsgemäß eher gegen Ende erfolgen, wenn sich die emotionalen Wogen etwas geglättet haben.
Vor Ablauf des Trennungsjahres kann eine Ehe nur dann geschieden werden, wenn ein Abwarten des Trennungsjahres für den betroffenen Ehepartner eine „unzumutbare Härte“ darstellen würde. Die Anforderungen sind für die unzumutbare Härte sehr hoch. Diese wird von den Familiengerichten fast nur noch dann bejaht, wenn zum Beispiel gegen den Ehepartner schwere Straftaten begangen wurden (oder gegen die gemeinsamen Kinder oder nahe Angehörige). Der klassische Ehebruch, das Fremdgehen, oder auch ein sonstiges einfaches Fehlverhalten genügt für eine „unzumutbare Härte“ nicht.
Es muß für das Gericht klar sein, daß es der betroffenen Person nicht zugemutet werden kann, mit dem Ehepartner auch nur einen weiteren Tag verheiratet zu sein.